2011
Webcomic | Autor/in |
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Zuhause während der digitalen Revolution | Wolfgang Buechs |
Danieltage | Daniel Henze |
Das Leben ist kein Ponyhof | Sarah Burrini |
Lapinot | Bastian Baier |
A Byoo ti ful Day | Maike Plenzke |
Enjambements | Robin Vehrs |
Es wird ein Hase! | Till Felix |
Paralleluniversum | Ivo Kircheis |
Wormworldsaga | Dienel Lieske |
Zwarwald | Leo Leowald |
Laudatio
"Zuhause während der digitalen Revolution" von digirev
Es liegt ein Fluch über den Comics.
Der Fluch des bedruckten Papiers.
Was könnten die Comics alles sein, wie frei könnten sie erzählen, wenn sie nicht linear erzählen müssten, wenn der Zeichner nicht mühsam Kästchen neben Kästchen setzen muss. Warum muss eine Seite eine abgeschlossene Einheit bilden? Und dieses Umblättern erst ... und wieder von vorne anfangen. Oben links natürlich, auf einem leeren Blatt. Und Sie wundern sich darüber, warum Comiczeichner zu Depressionen neigen?
Das Ideal eines Comics, soviel habe ich während all meiner Beschäftigung mit dem Medium festgestellt, ist die völlige Freiheit des einzelnen Panels, die Geschichte in verschiedenen Richtungen weiterlaufen zu lassen. Können Sie mir noch folgen? Nun, einer kann es ganz sicher und es ist der Preisträger digirev.
Sein Webcomic „Zuhause während der digitalen Revolution“ (was für ein grandioser Titel allein, denn wo sollte man während einer digitalen Revolution sonst sein, als am heimischen Rechner?) bricht mit allen Konventionen des Comics. Und der Webcomic überwindet den Fluch. Denn digirev wird zum Pionier des Web-Comics, er bietet dem Strip freie Entfaltung! Die Idee ist so einfach wie genial: Jedes Panel kann Ausgangspunkt für eine Geschichte sein, selbst wenn es schon im Zusammenhang einer anderen Erzählung genutzt wird. Digirev nutzt wie kein Zweiter eine verzweigte Struktur, so dass man alle seine Geschichten zusammenhängend lesen kann. Würde man sie drucken wollen, so ergäbe sich eine labyrinthische Kreuzworträtsel- oder Scrabblestruktur, die nur im Netz stattfinden kann. Oder aber auf Leinwänden groß wie Häuserwände wiedergegeben werden kann.
So spektakulär wie die Form des Striplabyrinths auch ist, die Themen sind die eines Blogers, sie drehen sich zumeist um sich selbst, um den Alltag. Seine kurzen, anekdotenhaften Erzählungen haben Sprachwitz und Esprit und sind dabei wunderbar komisch und lakonisch. Digirev untersucht das menschliche Zusammenleben unter digitalen Bedingungen.
Seit vielen Jahren macht Wolfgang Buechs seine Strips, ohne dass die Szene großartig Anteil daran nimmt. Weil also hier die Komponenten klassischer Comic-Blog mit autobiografischen Themen und innovativer Struktur so trefflich zusammenfallen, kann der Sieger nur digirev lauten. Denn so progressiv zeigt sich kein anderer Bloger ... Bitte geben Sie dem Mann endlich die Ehre, die ihm gebührt!
Ihr Kurt Schalker.